Die Schwarzwaldstube


Für einen Essbegeisterten wie mich gibt es weltweit einige Restaurants, die ich mindestens einmal besuchen möchte. Darunter ist die Schwarzwaldstube, die ich 2013 zum ersten Mal besucht habe, damals noch unter dem Chefkoch Harald Wohlfahrt. Heute Mittag ist es der vierte Besuch in dem Drei-Sterne-Restaurant.



Die Schwarzwaldstube und zwei weitere Restaurants wurden im Januar 2020 durch einen Brand zerstört, an gleicher Stelle wurde ein Neubau errichtet und im April 2022 eröffnet. Das Gebäude ist modern  gestaltet, auffällig ist das hohe Giebeldach mit der großen Glasfront, das viel Licht hineinlässt. Ich finde die Architektur gelungen, dennoch wirkt es kühl und distanziert. Ich werde den urigen Charme der „alten“ Schwarzwaldstube vermissen.

Maître David Breuer hat nach neun Jahren die Schwarzwaldstube verlassen. Jetzt teilt sich Nina Mihilli zusammen mit dem langjährigen Sommelier Stéphane Gass die Restaurantleitung.

Es gibt ein kleines und ein großes Degustationsmenü (245 Euro und 265 Euro), ein vegetarisches Menü (215 Euro), sowie einige Gerichte à la carte. Nach studieren der Speisekarte, verzichte ich auf das Degustationsmenü und stelle mir ein sechsgängiges Menü zusammen.


Die Küche grüßt mit einem Trio von Snacks. Von links nach rechts: 

Rindertatar mit Shiitake Pilze, Soja und Wasabi auf einem Brotchip.

Bouchot Muschel auf einem Tomaten-Safran-Gelee. 

Tatar von Gambero Rosso, Ingwer, Zitrone und Corail mit Koriander auf einem Krabbenbrotchip. 


Die Snacks sind sehr fein gearbeitet, geschmacklich vermisse ich jedoch etwas Würzigkeit. Insgesamt ein verhaltener Auftakt. 7,9/10


Beim zweiten Gruß zieht das Niveau merklich an. Belfago Thunfisch auf Tomate, mit einer Nocke Bonito Eiscreme obenauf. Das kühle Eis harmoniert wunderbar mit dem zarten Schmelz des fettigen Thunfischbauch. Ein exzellentes Amuse Bouche. 9/10


Als Brotauswahl gibt es Oliven Ciabatta, französisches Baguette, Roggen- und Mehrkornbrötchen, dazu gesalzene und ungesalzene Butter.


Der erste Gang ist eine kurz angebratene Jakobsmuschel, leicht gebeizter Färöer-Lachs, Seeigelzungen und Imperialkaviar. Weitere Begleiter sind Algenspitzen, Stabmuscheln, Enoki Pilze in einer Vinaigrette von Seeigel, Bottarga und Kombu-Essig. Ein himmlischer Genuss. 10/10


Bretonischer Hummer vom Holzkohlegrill wird mit Pilzen aus dem Nordschwarzwald, Eigelbcrème, Champignonbutter und einer Vin Jaune kombiniert, dazu noch ein fruchtig würziger Krustentierjus. Darüber eine fette Portion Alba Trüffel. Die leichte Aromatik vom Holzkohlegrill hält sich dezent zurück. Ein dekadenter Wohlfühlgang auf höchstem Niveau. 9,5/10


Die Höhepunkte wollen einfach nicht abreißen. Der Fischgang besteht aus einem Steinbutt und Gamba Carabinero, der in Krustentierbutter gebraten wurde. Das Ensemble liegt auf einem zart gedämpften Spinat und Lauch. Dazu ein Ceviche von wilden Garnelen mit Koriander, leichter Nantuasud mit Zitronengras. Zitrusfrüchte von Blutorange, Pomelo, Orange verleihen dem Gericht etwas Süße. Großartig umgesetzt. 9/10


Die Terrine schiebe ich als zusätzlichen Gang ein. Marinierte Entenleber zusammen mit Kalbsbries und Wachtel. Außen herum ein Geflügelgelée mit Muskat und Macis. Die Kombination aus Mousse, die den gebratenen, schmelzigen Kern umschließt schmeckt köstlich. Separat gibt es eine konfierte Wachtelkeule und Wintersalate in Trüffelvinaigrette dazu. Das leicht warme Fleisch ist ein Kontrast zur zarten Textur der Terrine. Auch solche klassischen Gerichte haben immer noch ihren Reiz. 9,5/10


Auch der zweite Hauptgang ist klassisch. Serviert wird die Brust von einem gebratenen Rebhuhn aus der Burgenländer Jagd. Dazu karamellisierten Rotkohl, Rosenkohlblättern und Birnenchutney, Innereiencroûton und Wacholderrahmsauce mit gehacktem grünem Pfeffer und als Zugabe paar Scheiben Trüffel. Der Alba Trüffel duftet intensiv und verleiht dem Gericht eine besondere Note. Zweifellos ein Gang auf Weltklasse-Niveau. 10/10


Der Baba au Rhum hat eine fluffige Konsistenz, dazu gibt es Ananas in kreolischer Sauce, hauchdünne Kokosscheiben und eine Crème von Cannelés de Bordeaux. In einem Schälchen wird ein Espuma von Pina Colada mit Kokos-Limoneneis serviert. Das passt hervorragend zu diesem exotischen Dessert und das alleine schmeckt himmlisch gut. Dieses Dessert zeigt die perfekte Balance zwischen Harmonie und Süße. 9/10


Die Zuckerperle ist ein Klassiker in der Schwarzwaldstube, erfunden vom damaligen Patissier Pierre Lingelser. Die Farbe der Zuckerperle und Geschmackskomponenten werden je nach Saison angepasst. Heute mit einem Mandarinensorbet und Mandelmilchschaum auf kleinem Companero-Rum-Savarin, Zitrusfrüchtekompott und Maronenvermicelles, Dulceycrèmeux. Ich löffle genüsslich das Musseline, Kompott und Sorbet aus. Süße und Säure sind perfekt ausbalanciert. Sensationell die fluffige Konsistenz und Aromen. 8,9/10


Zum einer Tasse Kaffee gibt es noch die Petit fours. Die großzügige Auswahl der Pralinen ist wie immer einladend, und wer kann da schon nein sagen. Ich wähle daraus… 

Kaffeesahne-Schokolade in Espressokapsel +++ Canelés de Bordeaux +++ Tannenharz-Marzipan Praline +++ Yuzu-Kalamansi mit Haselnuss +++ Mandel Balsamico +++ Passionsfrucht (nicht im Bild)

Durchweg ein süßes Vergnügen zum Abschluss. 8,5/10


Fazit: Die französisch-inspirierte Küche von Chefkoch Torsten Michel überzeugt mit einer unglaublichen Leichtigkeit und dennoch Tiefgründigkeit. Intensive Geschmacksbilder von hervorragender Produktqualität, kreativ umgesetzt von einem makellosen Handwerk. 

Unvergessliche Gerichte die sich tief in mein Gedächtnis festsetzen, sind rare emotionale Glücksmomente. Die meisten Gerichte, selbst aus den besten Restaurants der Welt, habe ich meist schnell wieder vergessen. Diesmal war das Rebhuhn mit Alba Trüffel, eines jener seltenen aufwühlenden Glücksmomente. 

Restaurantleiterin Nina Mihilli begleitete charmant und souverän durch den Nachmittag, sie bringt auch die Lockerheit mit, die ich sonst nur aus von amerikanischen Spitzenrestaurants kenne.

Da ich das Bareiss, das zweite 3-Sterne Restaurant in Baiersbronn, schon fünf Mal besucht habe, komme ich nicht um einen Vergleich herum. Die Vorspeisen und Hauptgänge in der Schwarzwaldstube sind herausragend, nur die Patisserie fällt auf sehr hohem Niveau etwas ab. Wer die beste Patisserie in Deutschland erleben möchte, muss ins Bareiss, vergleichbar nur mit den besten französischen Top-Restaurants.

Speisen: 9,5/10
Service: 10/10
Ambiente: 8/10



Schwarzwaldstube
Tonbachstraße 237
72270 Baiersbronn

Werbung



Hallo, und Willkommen in meinem Blog. Wenn Du mehr wissen möchtest, dann schau auf meiner Website vorbei.

Kategorien

Neueste Kommentare

Archiv