schanz. restaurant., die 3.

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Bei meinem Besuch im schanz. restaurant. im Sommer vergangenen Jahres war ich so begeistert, dass ich das Restaurant sobald wie möglich wieder besuchen wollte. Mitte März ist es dann soweit, und für außergewöhnliche Restaurants nimmt man auch eine längere Anfahrt in Kauf. Nach gut vier Stunden mit dem Auto unterwegs, treffe ich mittags in Piesport ein. 

Nach Stationen im Alten Kelterhaus in Wintrich und GästeHaus Klaus Erfort in Saarbrücken war Thomas Schanz von 2005 bis 2011 Küchenchef im Restaurant Sonnora. Nach seiner Selbstständigkeit im Sommer 2011 hat er sich im Laufe der Jahre einen eigenständigen Küchenstil angeeignet, der nur noch wenig mit der klassischen Hochküche vom Sonnora zu tun hat. Seine Küche ist heute sehr modern und überraschend progressiv. 2022 wurde das Restaurant mit drei Michelin-Sterne ausgezeichnet.



Der zeitlos modern eingerichtete Speisesaal bietet Platz für 30 Gäste. Blanke Holztische, bequeme Sitzmöbel, Schiefer und dunkle Erdfarben sorgen für Harmonie und Behaglichkeit. Die Wandverkleidung mit Moselschiefer ist eine Hommage an die Region. Die Speisekarte bietet ein bis zu siebengängiges Menü an, sowie 15 Gerichte à la carte. Diese sind größtenteils Schanz’ Signature-Gerichte, wie die pochierte Felsenrotbarbe oder das „Pot au Feu“ vom Kaninchen.

Meine Wahl ist schnell gefallen, anstatt das Menü, wähle ich à la carte eine Vorspeise, zwei Hauptgänge und zwei Desserts. Zum Start bestelle ich einen fruchtigen Aperitif von Chrysanthementee, verfeinert mit Himbeerpüree, Grapefruit, Ananas und Banane.


Gillardeau Auster mit grünem Apfel und Lavendelessig.

Knuspriges Teigkissen mit mildgeräuchertem Mosel-Aal, konfiertem Wachteleigelb und getrocknetem „Kaviari Kristall“ Kaviar.

French Toast mit Percebesmuschel und Chorizo.

Die Apéros sind filigrane Leckerbissen mit ausdrucksvollen und raffinierten Geschmacksnoten. 9/10


Das Trüffelei ist der Klassiker im Hause Schanz. Das „goldene Ei“ ist mit einer warmen, schaumig-sahnigen Emulsion aus Ei, Butter, Sahne und fein gehackten schwarzen Périgord-Trüffel gefüllt, oben auf noch eine Scheibe Trüffel. Es schmeckt süffig, leicht und erdig. Fantastisch. 9/10


Zur Brotauswahl aus Laugenbrötchen, Milchbrot, Körnerbrot, Erdnussbrot und Olivencracker gibt es geschlagene Tomatenbutter, salzige Butter, sowie Traubenkernöl und Fleur de Sel. 8,5/10


Als Amuse Bouche gibt es eine Minestrone, die sowohl als Suppe, als auch als kalt soufflierter Schaum zubereitet wurde. Auf dem halbrunden Gebilde liegen Oliven aus Aragon und ein Zitronen-Colatura-Sorbet. Unter dem Schaum befindet sich ein vorzügliches Tatar vom Kalbsfilet. Diese Kreation ist nicht nur komplex, sondern beeindruckt auch mit enormer Geschmackstiefe. 9,5/10


Als Vorspeise gibt es das Carpaccio von der Atlantik Languste, Kaviari Kristal,  Staudensellerie, wilder Spargel, Buchenpilzen und Estragon-Nage (110 €). Das schmeckt alles sehr fein und leicht, aber die schaumige Estragon-Nage drängt sich zu sehr in den Vordergrund. 7,9/10


Der zweite Gang ist ein gegrillter portugiesischer Carabinero mit rohem Studensellerie, geschmolzenem Ochsenmark, Petersilie und „Sauce Bergamotte“ (105 €). Dieser Gang überzeugt vollends. Die Verbindung zwischen der nussig-süßen Garnele und der Säure der Bergamotte-Zitrone, verfeinert mit ein paar Tropfen Minzöl funktioniert himmlisch. Ein unbeschwerter  mediterraner Genuss mit klar herausgearbeiteten Aromen auf Referenzniveau. 10/10


Atlantik Merluza „karibisch inspiriert“ mit Meeresspinat, Minze, getrockneter Papaya und geröstetem Reis (97 €). Der Seehecht ist der Hauptdarsteller und reduziert die Begleiter zu Nebendarstellern. Geschmacklich lässt dieser Gang keine Wünsche offen. Die Säure des karibisch inspirierten Sud auf Safranbasis mit etwas Zitronenblattöl verleiht dem Gericht eine enorme Frische und Leichtigkeit. Das ist herausragende Kulinarik, nur der Fisch hätte etwas heißer sein können. 8,5/10


Das Rondell von der Anna-Maria Himbeere mit einem Rucola Sorbet und Süppchen (39 €) leitet zum süßen Teil über. Das sieht auf dem ersten Blick puristisch, ist aber ganz große Klasse. Die Optik der rot eingefärbten Schokolade und grünem Rucola erfreut auch das Auge. Das kühle, cremige und fruchtige Innere besteht unter anderem aus Himbeeren, Espuma, Quinoa, Crumble und einem Rucola-Sorbet. Am Tisch wird noch ein Rucola Sud angegossen, der mit etwas Wodka verfeinert wurde. Ein herausragendes Dessert. 9,5/10


Nahezu auf dem gleich hohem Niveau bewegt sich das zweite Dessert, eine Liaison von Kiwi, Pattaya-Mango und Petersilie (39 €). Die Petersilie ist auf dem ersten Blick gewagt, funktioniert aber in diesem Zusammenhang hervorragend. Das Zusammenspiel verschiedenster Texturen und Aromen verursacht eine absolute Geschmacksexplosion am Gaumen. Erneut herausragend. 9/10 


Es folgt noch eine Eiscreme von Wacholder und Banane mit Radicchio, sowie Ananasjus, Filoteig und gehobelten Cashewkerne. Das kulinarische Niveau bleibt weiterhin extrem hoch. Ein geschmacklich hervorragendes Après-Dessert mit einer karibischen Geschmacksnote. 9/10


Schanz on the Beach (Aprikosenparfait mit Ananasgel)
Espresso-Kapsel
Käsekuchen mit Sanddorn
Salzkaramell mit Schokoladen-Fudge und Erdnuss
Valrhona-Schokolade
Praline mit Gewürzmilch, Grand Manier und Orange (rechts oben)
Französisches Nougat mit Pistazien und Haselnüssen (rechts unten)

Zum Abschluss gibt es noch eine Auswahl von Petit Fours. Sie schmecken durchweg vorzüglich, wo mir besonders die weiße Schokolade mit Gewürzmilch, Grand Manier und Orange gefällt. 9/10


Fazit: Thomas Schanz’ Basis ist die klassisch französische Küche, die er aber wie kein anderer deutscher Koch sehr modern interpretiert. Außergewöhnlich kreative Gerichte, die vor Komplexität, Sensibilität und Tiefgründigkeit nur so strotzten, und trotzdem immer verständlich bleiben. Das Menü war diesmal schwächer als beim herausragenden zweiten Besuch. Der Service unter Leitung von Aleksandar Petrovic war auch nicht ganz fehlerfrei. Im nur zu einem Drittel besetzten Restaurant hätte ich mehr Souveränität erwartet. Bevor ich das Restaurant verlasse, bleibt noch Zeit um meine Eindrücke mit Thomas Schanz auszutauschen. 

Speisen: 8,5/10
Service:  8,5/10
Ambiente: 8,5/10



schanz. restaurant.
Bahnhofstraße 8a
54498 Piesport

Website: schanz. restaurant.


Restaurantbesuch: 14. März 2024